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Fotografietipps

Das Leben als Freiberufler – mein Weg

Auf Instagram wurde ich schon häufiger gefragt, wie mein Werdegang zur Fotografin war. Welche Ausbildung ich gemacht habe und und und … Ein schönes Thema, über das ich hier gerne berichte! Also, los gehts!

Wie die Fotografie in mein Leben trat

Schon als Kind wuchs ich mit dem „Medium“ Fotografie auf. Meine Mama hat früher unfassbar viel selber fotografiert und oft im Urlaub sogar zwei Spiegelreflexkameras mitgehabt (eine für Farb- / eine für Schwarzweiß-Aufnahmen – ja, in analogen Zeiten war das noch von Nöten wenn man beides parallell aufnehmen wollte xD ). Daraus resultierten zig 36-er Filme, die später entwickelt und gemeinsam in Fotoalben eingeklebt und zu tollen Erinnerungen wurden 🙂

Während meiner Schulzeit habe ich dann die ersten eigenen Foto-Erfahrungen in einer Foto-AG gemacht, wo ich sogar schon eigene Filme entwickelt habe. Das Interesse an dem Medium Fotografie wurde immer größer, doch alles noch sehr hobbymäßig und spielerisch. In der Oberstufe kristallisierte sich ziemlich schnell heraus, dass es bei mir beruflich eher in die künstlerische Richtung gehen würde. Ich bin ein sehr kreatives Mensch, der es liebt schöne Dinge zu „schaffen“. Zudem war ich sonst in der Schule nicht wirklich der Überflieger – viele Fächer fielen mir wirklich schwer und machten mir auch einfach keinen Spaß. Bis auf Kunst!

Zu meinem 18. Geburtstag kaufte ich mir dann meine erste Spiegelreflexkamera. Nebenher fing ich bereits mit circa 14 Jahren damit an Websiten und Grafiken zu gestalten (eine Herr der Ringe Fanpage war hier der Startschuss 😉 ). Also dachte ich längere Zeit, es würde für mich in die Grafikdesign Richtung gehen. Immer mehr merkte ich aber, dass mich z.B. in Zeitschriften und Magazinen wirklich nur die Fotos interessierten… Da mich speziell die Werbefotografie interessierte (vor allem Mode und Kosmetik), war schnell klar, dass der Weg nicht über die klassische Ausbildung beim Passbildfotografen nebenan gehen sollte. Da man in einer Ausbildung vorrangig die Technik lernt, lernt man in einem Studium eher die konzeptionelle Herangehensweise an die Fotografie – die, neben der Technik natürlich – sehr wichtig im Werbebereich ist.

Meine Ausbildung

Nach dem Abi besuchte ich also eine 1-jährige „Mappenvorbereitungsschule“ und zog dafür nach Bielefeld. Um sich für Fotografiestudiengänge bewerben zu können, braucht man ein eigenes Portfolio, anhand dessen man dann hoffentlich an der FH aufgenommen wird (die Plätze sind begrenzt pro Studiengang – bei mir waren es glaube ich knapp 500 Bewerber auf circa 50 Plätze wenn ich mich grob erinnere). Ich hatte Glück und wurde beim ersten Anlauf genommen. In meiner Mappe damals wechselten sich noch Mode und Kosmetikthemen mit Reportagearbeiten ab. Meine Lieblingsserie dort war die des Weißclowns Gensi aus dem Roncalli Zirkus den ich vor seiner Aufführung in der Maske begleiten durfte. Mein erster richtiger „Schubs ins kalte Wasser“! Ich war damals noch unglaublich unsicher und schüchtern – Leute ansprechen war ein absoluter Graus für mich und dann sprach besagter Clown nicht mal Deutsch oder Englisch! 😀 Ich muss sagen, dass es mir nach diesem Schritt deutlich einfacher fiel auf Menschen zuzugehen und für Dinge einzustehen, die man erreichen möchte (wenn es bis zur heutigen Selbstsicherheit trotz allem noch ein langer Weg war!).

Während des Studiums in Dortmund an der Fachhochschule fand ich dann immer mehr Gefallen an der Beautyfotografie, die bis heute einen großen Teil meiner Arbeit ausmacht. Dazugekommen sind inzwischen aber noch die Bereiche Interior und Stillphotography.

Insgesamt habe ich 8 Semester lang studiert. Von 2008 bis 2012. Regel-Studienzeit sind 6 Semester (Bachelor of Arts). Da ich aber neben der Studienzeit unfassbar viel eigene Projekte fotografiert habe und auch schon streckenweise assistiert habe, habe ich mir die Jahrgänge nicht mit Kursen vollgestopft. Meine Abschlussarbeit „Deadly Seven“ zum Thema Todsünden hat sich fast über ein Jahr entwickelt. In der Zeit der Abschlussarbeit ging es dann auch schon für mich und meinen Mann (damals noch Freund) nach Hamburg. In Dortmund habe ich mich nie wirklich „zu Hause“ gefühlt. Mit der Mentalität des „Potts“ wurde ich nicht wirklich warm und mich hat es irgendwie schon immer nach Hamburg gezogen. Die Berufschancen in meinem Wunschbereich (Kosmetik) waren da ohnehin etwas besser.

Arbeiten aus meiner Bachelor-Arbeit „Deadly Seven“

Die Freiberufler-Tätigkeit

Ab 2010 kamen die ersten kleinen Jobs (von Privaten Shootings über Assistenzen bei Fotografen) – alles immer auf freiberuflicher Basis. Irgendwie stellte sich für mich nie die Frage, mich nach dem Studium irgendwo anstellen zu lassen. Ich wollte „mein Ding“ machen – „mein eigener Chef“ sein.

Das erste, was man in so einem Fall benötigt ist ein eigenes Portfolio um seine Arbeiten bestmöglich potenziellen Kunden präsentieren zu können. An dieser Mappe arbeite ich bis heute stetig! Das Weiterentwickeln hört nie auf und man sollte sich stets neue Themen und Herausforderungen suchen. Irgendwann hat man sicherlich seinen „Stil“ gefunden (meiner ist wie unser Haus auch sehr clean und „sauber“). Diesem sollte man auch treu bleiben – denn dies ist später der ausschlaggebende Punkt, wieso man von gewissen Kunden gebucht wird. Es schadet aber auch nicht, mal aus seiner Komfortzone herauszubrechen und „Neues“ zu probieren. Denn durch außergewöhnliche Sachen „fällt man auf“ und sticht daher aus der Menge hervor. Daran arbeite ich übrigens bis heute 😉 Es fällt mir teils selber schwer, denn ich liebe einfach gradlinige Arbeiten, und klassische Kosmetikaufnahmen mit wenig Makeup und toller, klarer Haut.

Auszug aus meinem Portfolio „Beauty / Stills“

Mit dem assistieren habe ich auch relativ schnell wieder aufgehört – ein Punkt, den ich heute etwas bereue. Denn so hätte ich vermutlich einfach noch mehr Sicherheit und Routine im Produktions-Alltag bekommen. Damals hatte ich aber extreme Probleme in meinem gewünschten Bereich an Fotografen ranzukommen, die Assistenten suchten. Und so ging es eigentlich von Beginn an für mich mit meiner „One-Man-Show“ los. Was dazugehört? Akquise, Büroaufgaben, Organisationen von freien Shootings, Vorbereitung, Nachbearbeitung, Kontaktaufbau in der Businesswelt, Social Media Pflege, und und und. Glaubt mir, die Fotografie selber macht den kleinsten Teil der Arbeit aus! Man muss erst einmal auf sich aufmerksam machen in diesem Haifischbecken. Man muss seinen Stellenwert kennen und „sich einen Namen“ machen. Ich habe schnell gemerkt, dass der Social Media Bereich für mich eine gute Möglichkeit dafür darstellt. Die freien Shootings dienten also nicht nur dem Portfolioaufbau sondern auch dem Schaffen neuem Materials für Facebook und Instagram. Fotografierte Strecken wurden zu Magazinen geschickt, manche abgelehnt und manchmal hatte man Glück und man wurde gedruckt. So baute ich mir Step by Step einen kleinen Namen auf. Und so fing es auch an, das gewisse Kunden auf mich aufmerksam wurden. Bei einigen bewarb ich mich, bei manch anderen kam der Kunde auf mich zu. Wie so oft spielt bei so etwas Fleiß, Glück und auch manchmal der Zufall eine ähnlich große Rolle. Anfangs arbeitete ich nebenbei noch zusätzlich in einem Produktionsstudio, wo ich für einzelne Produktionen und Kunden auf Freiberuflerbasis gebucht wurde.

Die Idee in eine feste Agentur/Repräsentation zu gehen habe ich streckenweise auch toll gefunden. Vor allem, da der unliebsame Punkt der Akquise fast wegfällt. Ich muss ehrlicherweise zugestehen, dass ich da aber nicht die benötigte Disziplin an den Tag legte um Vorstellungsgespräche zu bekommen. Und da es bisher für meine Wünsche reicht, was das Pensum an Arbeit angeht, sehe ich aktuell den Drang nicht mehr. Wo ich allerdings vertreten bin, ist eine Bildagentur wo ich gewisse Arbeiten hingebe, die dann an Magazine weiterverkauft werden. Dadurch entstehen teils sehr schöne Veröffentlichungen, was wiederum den eigenen „Marktwert“ ankurbelt.

Seit unserem Hausbau kam dann das Thema Interiorfotografie immer mehr in den Vordergrund! Und heute macht es den größten Teil meiner Arbeit aus! Ich muss auch sagen, dass ich es hier deutlich einfacher finde in der Branche Fuß zu fassen. Hier habe ich zu Beginn mit einigen Innenarchitekten „frei“ zusammengearbeitet um wieder meine Mappe aufzubauen und mich damit bei neuen Kunden aus der Branche zu bewerben.

Auszug aus meinem Portfolio „Interior“

Inzwischen habe ich einen guten Stamm an festen Kunden, die mich in den unterschiedlichen Bereichen regelmäßig buchen. Dazu kommen die Veröffentlichungen über die Bildagentur und nebenbei fotografiere ich im Jahr so circa 6-7 Hochzeiten.

Das oben angesprochene Interesse im Grafikbereich ist auch nie ganz verlorene gegangen, weswegen ich im kleinen Rahmen auch typografische Arbeiten wie Flyer oder andere „Druckprodukte“ gestalte. Auch im Retuschebereich bin ich für andere Fotografen und Dienstleister tätig und nehme Aufträge an.

Genau dieses „breit aufgestellt sein“, war für mich anfangs ziemlich schwer. Ich dachte immer, es sei eher eine Schwäche, dass ich nicht in einem Bereich mein Business so stark hervorgehoben habe, dass es „alleine fürs Leben“ reicht. Heute sehe ich es allerdings eher als positiv! Denn wenn mal ein Kunde wegfällt, fängt man sich mitunter durch die anderen Bereiche gut auf.

Die Herausforderung als Freiberufler

Zu Beginn steht man wirklich erstmal alleine da. Ich hatte weder Eltern, die sich in der Branche auskannten noch zig Kontakte. Zudem kommt es, dass in dieser Branche leider unter vielen Kollegen eine ziemliche Eifersucht und „Geheimnistuerei“ herrscht. Es ist selten, dass man sich offen und ehrlich über Themen wie Gagen, Kostenvoranschlägen etc. austauschen kann. Und so muss man sich langsam, peu à peu an das Thema „rantasten“. Man möchte ja weder mit zu niedrigen Tagessätzen den Markt kaputt machen, noch mit zu horrenden Tagessätzen den Kunden im Vorfeld direkt „vergraulen“. Das ganze „Drumherum“ muss man sich also erstmal Stück für Stück in irgendeiner Art „aneignen. „Wie gestalte ich meinen Tagessatz?“ „Wie schreibe ich Kostenvoranschläge?“ Wie gehe ich mit dem Kunden ins Gespräch?“ „Wie läuft so eine Produktion ab?“ …

Dann gibt es viele Aspekte, die essentiell anders sind zum Festangestellten. Leider bedeutet die Tagesgage nicht gleich „mein Geld“. Ich habe selbstständig für meine Rente zu sorgen, ich muss mich selber versichern, ich habe Umsatzsteuerabgaben und muss wie jeder Steuer zahlen. Alles was auf meinem Konto landet, muss ich also dreimal umdrehen und „aufteilen“. Ich kann nicht wie ein Festangestellter mein dann noch übrig gebliebenes Geld direkt ausgeben – denn ich weiß nicht, im Gegensatz zu diesem, wie mein nächster Monat läuft. Als Freiberufler kann man mitunter sehr schnell sehr viel Geld verdienen, genauso schnell kann man aber wieder eine unfassbar schlechte Phase haben. Also heißt es einen ausreichenden Puffer an die Seite legen in Zeiten wo es gut läuft, für die Zeiten wo es eben nicht so rund läuft. Und man darf nie „stehen bleiben“ und sich ausruhen. Ich habe „nichts“ sicher – sind wir mal ehrlich, wenn man heutzutage aus der Probezeit raus ist, ist es schier unmöglich in einer Festanstellung gekündigt zu bekommen, es sei denn es gibt wirklich grundlegende Veränderungen in der Firma oder man hat wirklich fahrlässig gehandelt. Ich habe auch keinen bezahlten Urlaub – so kann es mitunter sein, dass geplante Urlaube ausfallen oder verschoben werden müssen, wenn DER Job reinkommt. Ich bekomme keine Bezahlung bei krankheitsbedingtem Ausfall. Ich lege sehr oft Abend-, Nacht- sowieso Wochenendschichten ein wenn Deadlines eingehalten werden müssen. Ich habe keinen festen Arbeitstag und es wird oft erwartet, dass ich 24/7 verfügbar bin für telefonate oder Emails. Bin ich mal ein paar Minuten zu spät am Handy, kann der Job schon weg sein … Es wird stets von einem erwartet, dass man 180% gibt – „mal einen schlechten Tag“ haben geht auf den meisten Produktionen nicht und kann nicht von „Kollegen“ aufgefangen oder „nachgearbeitet“ werden.

Was ich in 8 Jahren gelernt habe

All diese Herausforderungen sind teils leichter, teils schwerer zu akzeptieren und mit umzugehen. Man wächst mit seinen Aufgaben und Erlebnissen. Dennoch gibt es ein paar Dinge, die ich in den vergangenen 8 Jahren gelernt habe:

Nein sagen! Es ist völlig okay auch mal „nein“ zu sagen – auch als Freiberufler! Nein zu Kunden, nein zu Jobs, nein zu Anforderungen. Wenn es sich nicht richtig anfühlt oder es einfach nicht umsetzbar ist! Qualität kostet – Geld UND Zeit. Und das wichtigste am „Nein“ sagen: Dabei kein schlechtes Gewissen zu haben! Auch wir Freiberufler haben ein Recht auf Urlaub, auf mal „krank sein“, auf einfach mal eine Pause. Wo wir beim nächsten Punkt wären …

Pausen! Kreative Pausen sind wichtig – vor allem in dem Job in dem es stets darum geht sich voller Kreativität und mit neuen Ideen zu behaupten. „Schaffenskrisen“ gehören mit dazu und es ist okay.

Eigene Ideen umsetzen! Bei Jobs bestimmt letztendlich der Kunde. Natürlich ist man für sein Wissen und seinen Stil gebucht. Dennoch fallen Jobs manchmal nicht so aus, wie man es selber zu 100% gemacht hätte. Das ist normal und auch nicht schlimm – schließlich wird man dafür bezahlt. Die eigenen Ideen und Vorstellungen in freien Produktionen mit einem tollen Team umzusetzen helfen aber enorm die eigene Freude am Job zu behalten.

Sich nicht an anderen messen! Ein schwieriges Thema und so oft man es sich auch sagt, so ganz kommt man nie davon weg – sich mit Kollegen vergleichen, sich dem Druck auszusetzen mit diesen mithalten zu können. Solange man selber mit seiner Lage glücklich ist, gibt es keinen Grund dazu. Ist man es nicht, arbeitet man weiter auf sein „Ziel“ hin – dies Ziel sollte man sich allerdings selber stecken und nicht von anderen Kollegen „als das ultimative Ziel“ erzählt bekommen.

Kleine Ziele setzen! Man kann nicht von 0 auf 100 einsteigen! Sicher gibt es ein paar Ausnahmefälle wo dies geklappt hat. Naturtalente, Vitamin B, Zufall, Glück – diejenigen sind jedoch die Ausnahme. Bei den meisten steckt viel Fleiß, viel Zeit und auch viel Geld im Werdegang. Kleine Ziele sich setzen hilft dabei enorm um nicht am Ende des Jahres enttäuscht zurückzublicken. Statt zu sagen „Ich möchte irgendwann mal für die VOGUE gebucht sein“ lieber Ziele setzen wie „bis Ende des Jahres hätte ich gerne zwei neue Kunden“. Schont die Nerven und das Erfolgserlebnis ist viel schöner 😉

Fazit

Das Leben als Freiberufler ist nicht immer Glitzer, Glamour, Reichtum. Es hat mit vielen Höhen und Tiefen zu tun. Mit vielen Selbstzweifeln, mit starkem Kampf, mit Selbstbehauptung und Durchsetzungsvermögen.. Man muss Dinge tun, die einem nicht immer gefallen um ans Ziel zu kommen.

Mein Ziel war es von jeher einfach meinem Herzen zu folgen und das zu tun, woran ich Spaß habe: Dem fotografieren! Meine Kreativität auszuleben. Dies habe ich geschafft. Mein Ziel für 2019 ist es wieder ein wenig in meinen Beruf zurückzufinden nach der kleinen Auszeit und meine Karriere trotz neuem Mama-Dasein voranzutreiben! Ich würde meinen Job mit nichts auf der Welt tauschen! Trotz all der Herausforderungen, die mir täglich begegnen!

Und wer jetzt ein bisschen was von meiner Arbeit sehen möchte, der kann das hier tun:

www.viktoriastutz.com (Unter meinem Mädchennamen arbeite ich im Beauty- und Stillbereich)
www.vickyhellmann.de (Für die Interiorphotography nutze ich meinen neuen Namen)